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PETH Merchant of Death Album Review

Merchant of Death

Seit Jahrzehnten versuchen Legionen von Bands einen Sound zu kreieren, der zumindest halbwegs in den 1970ern verorten werden kann. Gelungen ist es den wenigsten, auch wenn man bei vielen das Engagement des Analogen durchaus loben darf. Ist die mühevolle Zusammenstellung des Originalequipments zu großen Teilen geglückt, mangelt es dann nicht selten am Songwriting, denn der Zeitgeist ist immer derjenige, der sich heimlich auf die Bänder schleicht, nachdem er bereits an den Songs mitgeschrieben hat. Sein einziges Problem: er kann Zeit und Raum eben nicht verlassen. Bands können also heute nur eines tun: so tun als ob.

Gewöhnlich werde ich kaum von Bands angelockt, von denen ich den Eindruck habe, sie wollen überhaupt nicht, dass man ihre Musik wahrnimmt. Bei den Texanern PETH ist es nicht nur so, dass sie ihr Debüt „Merchant of Death“ auf dem Vinyl-Only-Label Electric Valley veröffentlicht haben, das man sich – bei allen fairen Preisen – aus Amerika importieren lassen muss, was dann allerdings ordentlich zu Buche schlägt. Sie haben noch nicht mal irgendeinen Hinweis auf Bandcamp hinterlassen, wer denn eigentlich die Instrumente spielt und wer die Jungs überhaupt sind. Tatsächlich wird die Minimierung der Formate ein immer größeres Problem, weil immer öfter auf einen Download hingewiesen wird. Ich selbst trage das nicht mit und ignoriere die Bands dann einfach.

Aber hier muss ich dann doch eine Ausnahme machen, vor allem in der Hoffnung, dass bei zunehmendem Erfolg vielleicht doch irgendwann eine CD nachgeschoben wird.

Musik aus dem Lone Star

Texas ist bekannt für seinen heavy Underground. Eine Sache, die Texas, und insbesondere Zentraltexas, schon immer ausgezeichnet hat, ist natürlich der Rock ’n‘ Roll. Das hat schon damals in den 60ern begonnen, als hier Roky Erickson mit seinen Thirteen Floor Elevators den Grundstein für das legte, was dann als Psychedelic Rock die Welt erschütterte, zumindest einen gewissen Teil der Welt. Bands aus Texas haben in der Regel einen einzigartigen Groove, einen einzigartigen Sound und ihren eigenen Sinn für Schrägheit und Psychedelik, der nur dort zu finden ist. Was den donnernden, zeitgenössischen Underground angeht, sind Wo Fat eine Klasse für sich, und sowohl Mothership als auch Duel haben sich bereits einen Namen gemacht.

Da ist es nicht verwunderlich, dass irgendwann eine Band wie PETH daherkommt und die 70er Jahre in Texas neu zum Leben erweckt! In der französischen Dämonologie ist Peth ein Dämon, der Kinder bestraft, die bei Tisch furzen. Im Grunde haben wir es hier also mit einem Furz-Dämon zu tun. Wenn das kein origineller Name für eine Band ist, weiß ich auch nicht mehr weiter.

Die vier Texaner, traten mitten in der Pandemie, also 2020 in Lago Vista zusammen und haben mit einer wilden Mischung aus frühem Proto-Metal der 70er Jahre und schweren Psych/Okkult-Rock-Soundscapes etwas geschaffen, das bereits viele Bands versucht, aber kaum erreicht haben: nämlich wirklich so zu klingen, als seien sie durch ein Zeitfenster von 1971 hier her geschossen worden. Dabei kann man ihnen natürlich vorwerfen, in eiem Konglomerat aus Black Sabbath, Venom, Blue Cheer, Pentagram, ZZ Top und anderen Pionieren zu schwelgen und gar nichts eigenes auf der Pfanne zu haben. Man kann es aber auch aus einer anderen Perspektive betrachten und „Merchant of Death“ als die beste Zusammenfassung des Proto-Metal betrachten, die es jemals gab. Es ist nicht immer das Niedagewesene der beste Scheiß, manchmal ist das Gekonnte weitaus besser als der Krampf, der verzweifelt versucht, anders zu sein, denn seien wir mal ehrlich: Es wird nichts Neues unter der Sonne auftauchen und uns alle mit staunenden Gesichtern zurücklassen. Wer das glaubt, nimmt sich die Freude an guten guten Songs. Und was ist ein guter Song? un, meistens ist ein guter Song ein ehrlicher Song. PETH versuchen gar nicht zu kaschieren, wessen Kind sie sind. Als bestes Beispiel dient hier der Titeltrack, dessen Riff man leicht als Rip-Off von Black Sabbaths „The Wizard“ identifizieren kann. Oder aber es ist eine unverhohlene Hommage. PETH tun hier ihr Bestes, um Lord Iommis frühen Sound zu replizieren (wie übrigens auf dem ganzen Album), das ist zwar unmöglich, aber diese Jungs kommen der Sache näher als irgendeine andere Band, die ich kenne.

Das ganze Album bietet teils bedrohliche Aggressionen, teils atemberaubende Rhythmen, hält sich aber von der modernen, glänzenden Klangästhetik völlig fern und klingt deshalb noch nicht mal gewollt auf 70er Jahre getrimmt, wie viele andere Bands des Genres.

Mit bösartigen Gitarrenharmonien, einer explosiven Bass- und Schlagzeugsektion und zwei umwerfenden Sängern tragen PETH dazu bei, den alten Geist und die alte Lebensart zu bewahren und gleichzeitig die neue Ära des Rock ’n‘ Roll für nachfolgende Generationen einzuleiten

Und das ist Proto-Metal mit einem Hauch von frühem 80er-Jahre-Thrash. Den Bandcamp-Fotos nach zu urteilen, arbeiten PETH mit einer Doppelgitarren-Attacke, und beide Gitarristen beherrschen den Sound der frühen 70er Jahre perfekt. Alles ist warm, flockig und verdammt knackig, wie gleich der mitreißende Opener „Dwarvanaught“ beweist, ein volles Bash-Fest im Stil von „Vol. 4“, das am Ende eben durch seine Twin-Gitarren-Attacken durchaus den angesprochenen Thrash berührt.

Auch die Rhythmusgruppe macht sich positiv bemerkbar, denn der Schlagzeuger hat seinen texanischen Swing, der immer etwas hinter dem Beat liegt, definitiv bereits als Kind im Kakao gehabt.

Die texanische Verrücktheit zeigt sich auch bei „Amok“, wo Anklänge an schrägen Garage-Rock wohlwollend verpackt werden, während sich Wellen von Riffs im Stil von „Vol. 4/Sabotage“ zusammen mit einer ziemlich aggressiven Basslinie durch die Lautsprecher ergießen. „Abolish The Overseer“ ist dann tatsächlich ein Lehrstück in Sachen Proto-Metal, okkulter Verrücktheit und aggressiver Riff-Manie. Der Gesang bei „Merchant Of Death“ und insbesondere bei „Amok“ wechselt zwischen einem okkulten Bobby Liebling-Geheul und einem seltsamen Screamin‘ Jay Hawkins-Nuscheln.

Das grimmige, dreckige Intro-Riff von „Let Evil“ In lässt die Gesichter sofort schmelzen, bevor es wieder dem exzentrischen, sprechenden Gesang Platz macht und dann in das kolossale Hauptriff zurückschwingt und den Hörer mit einem Sperrfeuer aus grandios verzerrten Riffs, Leads und einer alles niederreißenden Rhythmuskakophonie überrollt.

„Stoned Wizard“ ist dann ein brennendes, brutzelndes Doom-Fest.

Das Album schließt mit „Karmic Debt“, das einen trippigen, düsteren Abschluss andeutet, bevor es sich zu einem epischen Riff-Monster steigert, während die seltsam nuschelnden Vocals wieder auftauchen und Peth sich zu einem entspannten, texanischen Jam hinreißen lassen, um den Song und das Album zu beenden.

Alles in allem ist „Merchant of Death“ ein mörderisches, schweres, knackiges, schräges Album, das umso lobenswerter ist, als es sich um ein Debüt handelt. Die Jungs haben bei der Entwicklung dieser Klänge definitiv nicht herumgealbert, denn die Songs sind gut geschrieben und gut gespielt und weisen unfassbar viele Schichten auf. Und auch klanglich ist das Ding ein Monster, das den Geschmack all jener trifft, die bis heute nicht überwunden haben, dass die 70er vorbei sind.

Dem Sumpf sei dank scheint es jedoch mittlerweile zu sein, dass „Proto-Metal“ praktisch zu einem eigenen Subgenre von Stoner und Doom geworden ist, da viele Bands heutzutage versuchen, nicht nur Sabbath, sondern auch Dust, Captain Beyond und alle anderen acidartigen Klänge der späten 60er und frühen 70er Jahre zu konservieren, genauso wie Bands in den 90ern versucht haben, Kyuss und Fu Manchu zu kopieren.

„Merchant of Death“ gelingt es, den Sound und das Feeling dieser Ära mit einer großzügigen Dosis texanischer Schrägheit und Crunch im Stil von ZZ Top und dem Texas Swing zu erzeugen.

Die Band selbst kommentiert ihr Debüt so:

Merchant Of Death ist eine bunte Mischung von Songs aus unseren Anfangstagen als Band; das Album enthält eine Mischung aus all unseren unterschiedlichen Ideen, welchen Sound und welche Richtung wir mit der Band einschlagen wollten. Ihr werdet hören, wie wir von einem Song zum nächsten dramatisch unterschiedliche Wege einschlagen, während wir immer noch versuchen, einen bestimmten, authentischen Sound einzufangen. Auf dieser Suche haben wir das Gefühl, unser Ziel endlich erreicht zu haben, und Merchant Of Death ist der Grundstein für das, was in Zukunft kommen wird.“

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Host im Podcast "Work of Sirens"

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