Die “zweiten Sabbath” | Necromandus: Orexis of Death

Der Heavy Metal verdankt Uriah Heep, Led Zeppelin und vor allem Black Sabbath eine ganze Menge. Die so genannte unheilige Dreifaltigkeit wurde zwar ohne Heep, dafür aber mit Deep Purple kanonisiert, aber das ist mit mir nicht zu machen. Und es geht noch weiter: die Erzählung, an die mittlerweile alle gewöhnt sind, dass sie das Genre im Alleingang auf der Grundlage von Blues und Rock geschmiedet haben – ist nur eine verwässerte Vereinfachungen der tatsächlichen Ereignisse. Dadurch wird es einfacher, alles vor 1969 zu übergehen. So geschieht es in fast jeder Dokumentation über die Anfänge des Heavy Metal, vor allem, wenn der Mainstream sich der Sache annimmt, um ihre blasenschwache Version unter die Ahnungslosen zu tröpfeln. Metal hat keinen Nullpunkt, keinen Ground Zero. Er wurde nicht 1970 aus dem Nichts geboren und war dann plötzlich da. Es genügt auch nicht, einfach ein paar weitere Namen einzustreuen: Jimi Hendrix, Cream, Vanilla Fudge, Blue Cheer, Steppenwolf, Grand Funk Railroad. Wie alle Genres hat auch der Metal seine Urahnen, und es dauerte seine Zeit, bis er sich voll entfalten konnte. Man könnte sogar behaupten, dass der Metal erst mit der Entstehung der NWOBHM zu einer echten Einheit wurde. In der Tat gibt es keine eindeutige Antwort auf die Frage, wer das erste angezerrte Heavy-Riff ins Leben gerufen hat, und in Wahrheit ist die Frage, was hier als Metal gilt, ziemlich subjektiv. Unbestreitbar ist jedoch, dass gegen Ende der 60er Jahre die ersten Entwürfe für den Metal und seine schier endlose Liste von Subgenres geschmiedet wurden. In dieser Zeit spielten zahlreiche Bands mit dem Heavy Rock, der später zum Metal werden sollte, und trugen dazu bei, dass er seiner höllischen Endstation immer ein Stückchen näher kam.

Necromandus

Die Geschichte beginnt also 1968 mit zwei Bands im westlichen Teil der Grafschaft Cumbria in England, von denen eine Jug und die andere Heaven hieß. Damals lösten sich beide gerade auf und der Gitarrist Barry “Baz” Dunnery, der Bassist Dennis McCarten und der Schlagzeuger Frank Hall sowie der Sänger Bill Branch kamen zusammen. Sie gründeten eine progressive Bluesband namens Hot Spring Water, nannten sich dann für kurze Zeit Taurus, und schließlich nannte man sich 1972 Necromandus. Im selben Jahr zogen die Jungs nach Birmingham, um näher am Epizentrum des Heavy Metal zu sein. Nach einiger Zeit bekamen sie den Spitznamen – Second Sabbath. Das britische Musikmagazin Melody Maker bezeichnete sie als “eine Art Black Sabbath, die die größten Hits von Yes spielt.”

Eine Zeit lang tourte die Band durch England, aber leider hatten sie nicht das Glück, einen Plattenvertrag zu unterschreiben und ein Album zu veröffentlichen. Unnötig zu sagen, dass ein Plattenvertrag in jenen Jahren eine große Sache war. Glücklicherweise wurde der Black-Sabbath-Gitarrist Tony Iommi auf Necromandus aufmerksam, und die Band gefiel ihm so gut, dass er ihr Album produzieren wollte. Unter seiner Führung gelang es der Band schließlich, Anfang 1973 im Morgan Studio in London ein Album mit dem Titel “Orexis of Death” aufzunehmen. Die Dinge schienen gut zu laufen.

Aufgrund von Konflikten brach die Band jedoch auseinander und das Album wurde von Vertigo auf Eis gelegt. Gitarrist Barry Dunnery verließ die Band noch im selben Jahr. Nach dieser Trennung gründeten Dunnery und der Schlagzeuger Frank Hall ihre eigene Band namens Nerves, aber Dunnery verließ auch diese Band bald darauf, um sich Violinski anzuschließen, einer Band, die von dem Live-Mitglied des Electric Light Orchestra, dem Geiger Mik Kaminski, gegründet wurde. Zwei der ehemaligen Necromandus-Mitglieder spielten auch kurzzeitig in einer Band namens Hammerhead. Einigen Quellen zufolge wollte Ozzy Osbourne, Dunnery, Dennis McCarten und Frank Hall für sein neues Soloprojekt und Album “Blizzard of Ozz” engagieren. Doch die Zusammenarbeit endete und Ozzy fand bald andere Musiker für seine Solokarriere.

37 Jahre später, also 1999, beschloss Lee Dorrian, dass es an der Zeit war, dem Album das grüne Licht auf seinem unabhängigen Rise Above Label zu geben. Natürlich ist das Album ein Underground-Favorit des frühen Hard Rock der 1970er Jahre. Eine Version mit mehreren bisher unveröffentlichten Tracks wurde 2005 unter dem Titel “Orexis of Death Plus” auf den Markt gebracht.

Auch wenn das genaue Datum nicht bekannt ist, verstarb Sänger Bill Branch irgendwann in den späten 1980er Jahren. Bassist Dennis McCarten verstarb Ende 2004, und Gitarrist Barry Dunnery starb 2008, so dass Schlagzeuger Frank Hall heute das einzige überlebende Mitglied der Band ist.

Doch das Vermächtnis der Band lebt bis heute fort. Francis Dunnery, der Bruder von Barry, hat ein Album mit Songs aufgenommen, die für Necromandus geschrieben wurden, aber nie die Chance bekamen, veröffentlicht zu werden. Im Jahr 2013 veröffentlichte er die Platte “Frankenstein Monster”, die größtenteils aus Material bestand, das Barry Dunnery in den 1970er Jahren geschrieben hatte.

Und Necromandus leben bis heute weiter. Frank Hall hat die Band 2016 in neuer Besetzung reformiert. Sie nahmen bald ein Album auf und veröffentlichten es 2017, und nannten es einfach “Necromandus”.

Man kann sehr gut nachvollziehen, warum Tony Iommi so beeindruckt war. Das ist ausgegrabene Musik, wie man sie noch nie zuvor gehört hat, und man kann Lee Dorian nur wieder einmal auf die Schulter klopfen.

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